SCHIENE regional - Bahnthemen Südwest

© 2010 Frank-D. Paßlick, Triberg
 

Eisenbahn-Themen: Schienen-Kreisverkehr

 
KBS 721 Offenburg - Hausach - Freudenstadt  "Kinzigtalbahn"  
KBS 718 Offenburg - Appenweier - Bad Griesbach (Renchtalbahn)

Stand: 08.2010


  
Essay zum Langlauf der Ortenau-S-Bahn Freudenstadt - Bad Griesbach

Vom oberen Kinzigtal bis ins hintere Renchtal

Bahnknoten Hausach

Zwischen wildem Bewuchs und Schotterhalden finden sich auch heute noch Reste der einstigen umfangreichen Gleisanlagen des Bahnhofs Hausach. 1866 ging die nördliche Zulaufstrecke der Schwarzwaldbahn zwischen Offenburg und Hausach in Betrieb, ab 1873 konnte dann die Gesamtstrecke bis Singen befahren werden. Am Fußpunkt der eigentlichen Gebirgsstrecke wurden die Vorspann- oder Schiebelok an die südwärts fahrenden Züge gestellt. Im Dampflokzeitalter mussten dazu umfangreiche Versorgungsanlagen vorgehalten werden. Erst mit einer "Spurbereinigung" im Zuge der Elektrifizierung der Schwarzwaldbahn bis Villingen wurde die BW-Anlage 1971-73 bis auf die Drehscheibe und eine einfache Bekohlungsanlage rückgebaut.

Neben der betrieblichen Besonderheit für die Schwarzwaldbahn wurde Hausach 1878 zum Ausgangspunkt der zunächst kurzen Zweigstrecke ins obere Kinzigtal bis Wolfach. Aber nicht nur in Baden wurde eifrig gebaut, auch das württembergische Eisenbahnnetz wuchs in den Schwarzwald hinein. Am 1. September 1879 wurde die Gäubahn von Stuttgart über Eutingen im Gäu nach Freudenstadt eingeweiht. (Gäubahn? - Erst mit zunehmender Bedeutung des durchgehenden Bahnverkehrs zwischen Stuttgart und Singen erhielt die Gesamtstrecke der heutigen KBS 740 die Bezeichnung "Gäubahn". Der Abschnitt zwischen Eutingen im Gäu und Freudenstadt gehörte zwischendurch zur Kinzigtalbahn (KBS 721), obwohl der Oberlauf der Kinzig nur von Loßburg bis Hausach die Strecke begleitet. Seit einigen Jahren ist die Strecke nun die namenlose KBS 741.

Bau und Betrieb der Kinzigtalbahn (Schwarzwald)

Die Königlich Württembergische Staatsbahn war allerdings bestrebt von Freudenstadt her eine Strecke über das badische Schiltach bis in das württembergische Schramberg zu errichten. Ein Staatsvertrag ermöglichte den Bau und Baden verlängerte folgerichtig seine Stichbahn über Wolfach hinaus bis Schiltach. Am 4. November 1886 wurde der grenzüberschreitende Länderbahnverkehr auf der 39 km langen Verbindungsstrecke zwischen Freudenstadt und Hausach aufgenommen. Schramberg bekam seinen Bahnanschluss erst sechs Jahre später. Betrieben wurde die obere Kinzigtalbahn überwiegend von Freudenstadt aus. Bis zum Beginn des 1. Weltkriegs verkehrten durchgehende Züge von Stuttgart und Tübingen nach Straßburg (das Elsass war ja 1871 deutsch geworden). Nach dem 2. Weltkrieg lebten diese Verbindungen wieder auf, allerdings initiiert von der französischen Besatzungsmacht. Der Nahverkehr zwischen Freudenstadt und Hausach bis 1973 von Dampfloks der BW Freudenstadt, Tübingen und Rottweil gefahren. Aus den sechziger Jahren sind eine Vielzahl von Aufnahmen mit vier dreiachsigen Umbauwagen und P8 mit dem kurzen Dreiachstender bekannt. Bis Mai 1994 gab es sogar noch umsteigefreie Direktverbindungen mit Schienenbussen VT 98 (in den letzten Einsatzjahren bezeichnet als BR 796 mit Türschließeinrichtung) von Tübingen bis Offenburg. Die Fahrzeuge waren, eingesetzt vom BW Tübingen, im Renchtal, auf der Schwarzwald- und der Kinzigtalbahn unterwegs.

Während des Auslaufbetriebs der Schienenbusse machten sich die Einwanderer aus dem Allgäu nützlich: BR 627.0. Seine Steilstreckentauglichkeit erlaubte auch den Verkehr über Freudenstadt Hbf hinaus zum Stadtbahnhof und ins Murgtal nach Baiersbronn, teilweise sogar bis Karlsruhe. Er bewährte sich gut, ganz im Gegensatz zu den Serienfahrzeugen der BR 628 auf der Kinzigtalbahn. Ein Zitat aus den Streckenmeldungen 2003 (http://schiene-regional.de) beschreibt die Situation im Telegrammstil: Die Zutaten sind die mäßige Sommerhitze, das Neigungsprofil und die Untermotorisierung. Als Folge nimmt sich das DB Regio-Pärchen 628 + 928 sich zwischen Hausach (241 müNN) und Loßburg (664 müNN) eine Abkühlungspause kurz vor dem Loßburger Tunnel. Hinter Alpirsbach kam die Tachonadel kaum noch über 30, nach einigen weiteren Kilometern auf der landschaftlich sehr reizvollen Strecke war Schluss. Die Uhr zeigte 8.10, der Tacho 0, der nächste Kilometerstein 37,7. Mit 17 Minuten Verspätung wurde Freudenstadt Hbf erreicht. Ein besonderes Erlebnis, jedoch kein Sonderfall. 628 332-6 ist offensichtlich der Spitzenreiter in puncto Betriebstemperatur. Aber warum fahren die streckenuntauglichen Gefährte diese Dienste? Über die Stilllegung der Strecke wurde bereits seit zwanzig Jahren diskutiert - aber es sollte sich etwas Grundlegendes ändern.

OSB im oberen Kinzigtal

Nach Preisanfragen hat das Land Baden-Württemberg in freihändiger Vergabe Schienenverkehrsleistungen im oberen Kinzigtal bei der Ortenau-S-Bahn (OSB, eine Tochter der SWEG) bestellt. Das Betriebskonzept sieht ab Dezember 2004 durchgehende Verbindungen zwischen Freudenstadt und Offenburg über Hausach im Stundentakt vor.

Mit einer Dreiecksfahrt am 04.12.2004 von Freudenstadt Hbf nach Eutingen im Gäu, zurück bis Schiltach im Kinzigtal, von dort nach Forbach im Murgtal und wieder nach Freudenstadt wurde der Abschied vom 627.0, immerhin nicht ganz sang- und klanglos, begangen.

Die 628er entschwanden zu neuen Aufgaben ins nord- deutsche Flachland ...

Erfolgskurs statt Stilllegung

Die Übernahme durch die OSB klappte reibungslos. Unkenrufe, dass die RegioShuttle RS 1 im Sommer ebenfalls auf der Steigungsstrecke Probleme bekämen, stellten sich als nicht zutreffend heraus. Die Triebfahrzeugführer sprachen sogar von geringerem Temperaturanstieg als im Tal - "dank der guten Höhenluft."

OSB in Freudenstadt
Inzwischen ein alltägliches Bild: RS1 der Ortenau-S-Bahn in Freudenstadt.
Auf dem Zugzielanzeiger (ganz rechts) steht "Bad Griesbach"

Das geniale Angebot des Tarifverbunds Ortenau (TGO), die 24-Stunden-Karte "EUROPASS 24h + FDS", zeigt vorbildlich, wie klein kariertes Denken in Verbünden überwunden werden kann. Ein Fahrschein für die Fahrt vom Stadtbahnhof Freudenstadt durch die Landkreise Freudenstadt, Rottweil und Ortenau bis zu jedem beliebigen Haltepunkt im Netz der Städtegemeinschaft Strasbourg, auch in der Straßenbahn - wenn das nicht attraktiv ist! Als echte 24-Stunden-Karte ermöglicht sie auch die Übernachtung in Strasbourg und kostet dabei nur 10 Euro. Die Fahrgastzählungen bestätigen eindrucksvoll, dass ein gutes tarifliches und betriebliches Angebot auch eine jährliche Steigerungsrate im zweistelligen Bereich nach sich zieht. Die Triebwagen sind inzwischen über den ganzen Tag hinweg gut ausgelastet. Im Freizeitverkehr gibt es bereits erhebliche Kapazitätsengpässe, wenn eine große Zahl von Ausflüglern mit Fahrrädern am Bahnsteig stehen.

Kreisverkehr auf der Schiene

Die Ortenau-S-Bahn hatte bereits 1998 den Gesamtverkehr im Renchtal zwischen Appenweier und Bad Griesbach übernommen. Die Strecken Appenweier - Offenburg, Kehl - (seit 15.06.2003 Strasbourg -) Offenburg und Offenburg - Hausach werden seither in Kooperation mit DB Regio befahren. Dadurch ergeben sich interessante Fahrzeugumläufe. Das Wort Umlauf passt hier in doppeltem Sinn, denn 10 der 17 Freudenstadt werktäglich in Richtung Hausach verlassenden Züge fahren bis zu ihrer Endstation im Renchtal auf einem angenäherten, aber nicht ganz geschlossenen Kreis durch den mittleren Schwarzwald. Freudenstadt und Bad Griesbach sind Luftlinie 14 km voneinander entfernt. Auf der Schiene sind es 39 eingleisige Streckenkilometer bis Hausach, 41 zweigleisige über Offenburg nach Appenweier und weitere 29 eingleisige km bis Bad Griesbach, zusammen also stolze 109 km (Anmerkung für die ganz genauen Leser: die Fernverkehrsgleise zwischen Offenburg und Appenweier sind betrieblich nicht nutzbar und werden daher unterschlagen). In zwei Stunden und vier Minuten wird die Strecke zurückgelegt, in Gegenrichtung 2:06 Stunden. Der tiefste Punkt liegt mit 147 müNN am Abzweig in Appenweier, von dort aus sind bis Bad Griesbach (456 müNN) 309 m und bis Freudenstadt 517 m Höhenunterschied zu überwinden.

Laufweg der OSB von Freudenstadt nach Bad Griesbach

Fahrplan

Der Fahrplanpraktiker wittert Ungemach. Ein Stundentakt bedeutet den Einsatz von fünf Einheiten mit fünf Stunden Umlaufzeit und über 50 Minuten Wendezeit. Dabei ist Bad Griesbach ein "loses Ende" (ohne weitere Bahnanschlüsse), Freudenstadt dagegen ein "festes Ende" mit zwei Anschlussbeziehungen: Richtung Eutingen im Gäu/Stuttgart und Richtung Freudenstadt Stadtbahnhof/Murgtal/Karlruhe Marktplatz.

Ankunft - Abfahrt Freudenstadt Hbf

In Freudenstadt ist die Situation mit einem um 12 Minuten symmetrisch gespreiztem Knoten genial gelöst. In der tabellarischen Darstellung ist der Stundentakt ins Kinzigtal und nach Eutingen sowie der Halbstundentakt zum Stadtbahnhof zu erkennen (Pfeile: zweistündlich Weiterfahrt des Zugs).

Bemerkenswert sind die in der Praxis funktionierenden Kurzübergänge mit 2 bzw. 3 Minuten zwischen Kinzigtal und Eutingen i.G. Das System funktioniert, da in alle drei Richtungen passende Kreuzungsbahnhöfe vorhanden waren (Alpirsbach und Stadtbahnhof) oder wieder eingerichtet wurden (Schopfloch).

Abfahrt Freudenstadt nach Hausach 1937 und 2009

Wenn nun noch angeführt wird, dass in Richtung Stuttgart im Wechsel durchgehende und Umsteigeverbindungen vorhanden sind, so kann davon ausgegangen werden, dass der Freudenstädter Stern ein Fixpunkt im Fahrplan ist. Das "feste Ende" ist auch zeitlich festgezurrt. Ebenso ist die Kreuzung in Alpirsbach, 17 km und 17 bzw. 15 Fahrminuten (talwärts, der Höhenunterschied beträgt 222 m) von Freudenstadt entfernt, vorgegeben.

Tabelle rechts:
Ein historischer Rückblick fördert manchmal erstaunliche Erkenntnisse
ans Licht. Ein Vergleich der Kursbuchtabellen von 1937/38 und 2009/10,
wiedergegeben sind hier nur die Abfahrtzeiten von Freudenstadt Hbf
nach Hausach, zeigen viele Übereinstimmungen - nach 72 Jahren!
 

Im langen Fahrweg der Ortenau-S-Bahn gibt es mit Offenburg einen NV-ITF-Knoten zur Minute 0. Aber schon der Zulauf von beiden Seiten auf den Knoten ist nicht unproblematisch, ganz abgesehen von der fehlenden Bahnsteigkante in Offenburg. Aus Richtung Freudenstadt ist der Zulauf konventionell gelöst: die OSB fährt zwischen Hausach und Offenburg, alle Haltepunkte bedienend, vor den RE/IRE der Schwarzwaldbahn. Wegen des fehlenden Blocks zwischen Biberach (Baden) und Gengenbach laufen diese Züge bei geringen Verspätungen der OSB bereits auf.

Bis jetzt ist es doch gut gelaufen!

In Offenburg muss die OSB aber zur Minute 57, nach knappem 4-Minuten-Übergang aus dem RE von Basel/Freiburg, Gleis 7 verlassen - eine Minute vor dem Eintreffen der RE/IRE aus Konstanz. Die Relation Hornberg-Oberkirch, also innerhalb des Ortenaukreises, bedingt daher bereits einen 59-Minuten-Übergang. Warten der OSB funktioniert aber nicht, da sonst 1. der Fahrweg der Schwarzwaldbahn Richtung Karlsruhe nicht rechtszeitig frei wird, 2. die Kreuzung mit dem Gegenzug in Oppenau im Renchtal nicht rechtzeitig klappt. Die zweite Kreuzungsmöglichkeit im Renchtal ist Oberkirch, was die Abfahrtzeit auf die Minute 12 herauszögern würde. Die Fahrzeit vom Kreisschulzentrum Offenburg nach Appenweier würde sich damit von 12 auf 27 Minuten ausdehnen.

Bad Griesbach Endstation
Bad Griesbach: Die Bahnhofsanlage ist verstümmelt. Selbst die letzten Meter an den alten Bahnsteig darf die Ortnau-S-Bahn nicht mehr fahren. Kein zweites Gleis, keine Umsetzmöglichkeit, aber das Empfangsgebäude und der Güterschuppen stehen noch und sind in privater Hand.

Ausgeschlossen ist diese Möglichkeit der Kreuzung in Oberkirch aber schon wegen des Gegenzugs. Mit einer Wendezeit von 24 Minuten im eingleisigen Endhaltepunkt Bad Griesbach und der Kreuzung in Oppenau kann sich die OSB unmittelbar hinter den Zügen der Schwarzwaldbahn aus Karlsruhe in Appenweier in die Rheintalbahn einfädeln. In der Minute 55 wird die eingleisige Renchtalbahn verlassen und die Fahrgäste aus dem Renchtal bekommen den wichtigen Spitzanschluss mit der Schwarzwaldbahn nach Karlsruhe (ach wäre doch der neue Bahnsteig in Appenweier ein Mittel-/Inselbahnsteig!). Die oben verfolgte OSB aus Freudenstadt kann dafür die Fahrgäste aus Karlsruhe aufnehmen und in der Minute 3 ins Renchtal einfahren. Der Gegenzug in Richtung Hausach/Freudenstadt bleibt hinter dem RE/IRE der Schwarzwaldbahn (teilweise in Offenburg auf demselben Gleis). Die Anschlüsse nach Freiburg/Basel funktionieren, nicht aber der Übergang nach Konstanz.

Hirngespinste

Das Szenarium zur Herstellung von Anschlüssen zwischen SWB und OSB in Appenweier ist recht einfach - es zu fordern allerdings weltfremd. Schon im Jahr 1999, während der Bauarbeiten an den drei neuen Bahnsteigen in Appenweier (Gleis 1 und 2 an der Rheintalbahn und Gleis 9 an der Verbindungskurve nach Kehl/Strasbourg), konnte der kundige Beobachter sehen, dass nicht nur bei Großprojekten wie Stuttgart 21, sondern auch bei kleinen, überschaubaren Bauprojekten an den Interessen eines großen Teils der Bahnkunden und Nutzer der Anlagen vorbeigeplant wird. Wer kommt nur auf die Idee zwei Außenbahnsteige, verbunden durch lange, dunkle und in der HVZ zu schmale Rampen und einem Bürgersteig in einer Unterführung entlang einer Straße, zu errichten. Spitzverbindungen zwischen zwei Gleisen (Renchtal ⇔ Karlsruhe) schreien direkt nach einem Mittelbahnsteig! Auch bei Änderungen der Gleisbelegung haben dann alle die Chance zur Mitfahrt. Zurück zum Lösungsansatz. Anschluss vom Renchtal Richtung Bodensee heißt: OSB aus dem Renchtal fährt zur Minute 49 am Gleis 1 in Appenweier ein. Kurz darauf hält die Schwarzwaldbahn an Gleis 2 am selben (Mittel-) Bahnsteig. Die Schwarzwaldbahn verlässt nach einer Minute den Bahnhof, die OSB folgt auf dem Gegengleis bis zur schnell frei gefahrenen Überleitstelle Windschläg. Durch den Tunnel geht es, wie derzeit auch, nach Gleis 7. In Gegenrichtung verlässt die OSB nach Bad Griesbach den Offenburger Bahnhof erst zur Minute 59 (verlängerter Übergang aus Freiburg) auf dem Regelgleis nach Appenweier. Die Schwarzwaldbahn fährt ab Offenburg PBf auf dem Gegengleis bis Appenweier Gleis 2, nach kurzem Aufenthalt wechselt sie auf der Weiterfahrt nach Karlsruhe auf das Regelgleis. die OSB fährt zur Minute 8 ins Renchtal. Für die Kreuzung mit dem Gegenzug ist eine Zweispurinsel zwischen Hubacker und Ramsbach Höfle zu bauen.

Wie sieht die Bilanz für die Fahrgäste aus? Einige bekommen einen schlanken Anschluss auf die und von der Schwarzwaldbahn von und nach Konstanz. Viele Pendler bekämen eine Fahrzeitverlängerung von sechs Minuten aus dem Renchtal und fünf Minuten ins Renchtal - pro Tag 11 Minuten! - Der schöne Plan ist damit verworfen. Der Ärger über den nicht realisierten Mittelbahnsteig bleibt!

Langer Aufenthalt - aber nicht am Zielort

Gerade im Freizeitverkehr ist das Renchtal nicht unbeliebt, der Hochschwarzwald, das obere Donautal und der Bodensee ziehen die Wanderer und Radfahrer aber geradezu magisch an. Aus dem Renchtal zum Bodensee zu fahren bedeutet, wie oben gezeigt, auf der Hin- und Rückfahrt die Inkaufnahme von Wartezeiten. Zumindest die Verweildauer auf dem Bahnsteig lässt sich etwas verkürzen durch die (langsamere) Mitfahrt in der Ortenau-S-Bahn bis Hausach. Unterwegs steigen auch die Leidensgenossen aus Biberach, dem Harmersbachtal und aus Steinach noch zu, die, wie die Renchtäler, keinen sinnvollen Anschluss auf die Schwarzwaldbahn Richtung Konstanz haben. Abgesehen von der Schwarzwald-Modellbahn gegenüber vom Bahnhof Hausach ist dort leider nicht viel los. Das bekannte Korbgeschäft hat sich vom Bahnhof weg zur Bundesstraße an den westlichen Ortseingang verzogen.

Doch, eine Attraktion können die Aussteiger aus der OSB noch miterleben: Kaum ist ihr Zügle Richtung Freudenstadt aus dem Bahnhof Hausach gebrummt, fährt auf Gleis 2 der Regionalexpress aus Konstanz ein. Umgekehrt klappt der Fehlanschluss ebenso perfekt: Kaum hat der RE nach Konstanz die Bahnsteigkante verlassen, fährt auf Gleis 1 die OSB aus Freudenstadt ein. Diese Spitzrelation ist nicht nur im Freizeitverkehr nachgefragt, denn in Wolfach im oberen Kinzigtal sind viele Schulen, ein Kreisschulzentrum usw. Schüler aus dem Gutachtal sind daher auf Busse angewiesen, falls sie nicht zweimal täglich lange Wartezeiten in Hausach verbringen wollen. Und von Triberg nach Stuttgart führt nun mal die kürzeste Schienenverbindung über Hausach, sie ist aber wegen der systematischen Fehlanschlüsse unattraktiv.

Für den Spitzanschluss zwischen RE und OSB fehlen acht Minuten

Wegen des Fernverkehrsanschlusses in Singen, auf und vom ICE-T (so er denn fährt) verkehren die Züge auf der Schwarzwaldbahn im Abschnitt Offenburg - Singen bzw. Radolfzell - Offenburg nicht in einem strengen Stundentakt. Die IRE (InterRegioExpress) halten, im Gegensatz zum RE (RegionalExpress), in der Regel nicht in Gengenbach, Haslach, Immendingen, Engen und Konstanz-Petershausen. Die kürzere Fahrzeit ermöglicht in Singen / Radolfzell verlängerte Anschlussaufenthalte. Dass diese Übergänge kaum genutzt werden, könnte ein Anlass zu Fahrplanänderungen sein. Die gemeinsame Nutzung der Gleise durch die Züge von Gäu- und Schwarzwaldbahn zwischen Hattingen und Singen steht dabei aber einigen Überlegungen im Weg. Der Fahrplan der DB Regio-Züge auf der Schwarzwaldbahn ist eingezwängt zwischen dem Knoten zur Minute 0 (+0/-2) in Offenburg und den Korrespondenzen am Oberrhein in Baden-Baden und Karlsruhe, im Süden in Villingen (Rottweil - Neustadt Schwarzwald und Ringzug), Donaueschingen (Ulm - Neustadt Schwarzwald, Ringzug Bräunlingen), ab Engen bis Konstanz Unterlagerung durch den Seehas, ab Hattingen gemeinsam genutzte Strecke und Trassenkonflikte mit der Gäubahn, Anschlussbeziehungen in Singen (FV, NV) und Radolfzell (Bodenseegürtelbahn und Seehäsle) und schließlich in Konstanz/Kreuzlingen (CH) mit der SBB.

Die Aufzählung sagt schon viel aus über die eher geringe Flexibilität bezüglich einzelner Übergangsprobleme. Zum Glück opfert die Schwarzwaldbahn nicht ihre sehr hohe Pünktlichkeit (wir reden hier von 98 % und mehr - wohlgemerkt auf einer anspruchsvollen Mittelgebirgsstecke mit einem Laufweg von 252 km!) für Fahrplanexperimente, die Einbußen für die Stabilität zur Folge hätten. Für die Beseitigung des systematischen Fehlanschlusses in Hausach ist daher bei der Schwarzwaldbahn nichts zu holen. Im, Freudenstädter Stern mit seinen "fliegenden" Übergängen kann, wie bereits oben dargestellt, auch kein Zeitbeitrag geleistet werden. Die Fahrzeit von 43 bzw.46 (bergwärts) Minuten um acht Minuten zu kürzen wäre eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Ohne Berücksichtigung der Details wäre in jedem Falle eine Zweispurinsel im engen oberen Kinzigtal südlich von Alpirsbach zur Kreuzung erforderlich. Im völlig abwegigen Fall alle Halte zwischen Freudenstadt und Hausach aufzugeben, könnte theoretisch der Übergang zur Schwarzwaldbahn in beide Richtungen erreicht werden - allerdings ohne jeden Sinn, denn es gäbe kaum noch Fahrgäste, um diesen zu nutzen. Mit dem Wegfall oder Umbau von Bahnübergängen, Gleislage- und Linienänderungen, besonders in den Bahnhofsköpfen, und weiteren Maßnahmen im Bereich der Infrastruktur könnten Fahrzeitverkürzungen von (geschätzten maximal) drei Minuten erreicht werden - zu wenig, um das Problem zu lösen. Denkt man nicht in (politischen) Kategorien von Schnellfahrstrecken, bei denen 100 Mio. EUR pro Tunnelkilometer (unter der schwäbischen Alb) ohne Wenn und Aber akzeptiert werden, so lohnen sich derartige Investitionen auch unter dem Gesichtspunkt nicht, dass der Fahrzeitgewinn spätestens in Offenburg wieder abgebummelt werden muss.

Fazit

Neu ist nicht immer gut. Der neue Bahnhof Appenweier sollte als abschreckendes Anschauungsobjekt genutzt werden, wie Baumaßnahmen an den Interessen der Kunden (Fahrgäste und Eisenbahnverkehrsunternehmen) vorbei geplant werden können. Die Ortenau-S-Bahn bedient auf der 109 km langen Strecke zwischen Freudenstadt und Bad Griesbach die Fahrgastwünsche im Rahmen der Möglichkeiten sehr gut. Dies zeigt sich eindrucksvoll in der erheblichen Steigerung der Nachfrage während der letzten Jahre. Die immer häufiger überfüllten Züge, Fälle von Zurückweisungen am Bahnsteig sind bereits mehrfach vorgekommen, benötigen allerdings Verstärkung durch weitere Triebwagen. Im Dreieck rund um den Knoten Hausach sollte zur Abmilderung der Übergangsproblematik an eine Ausweitung des Zwischentaktangebots, ggf. unter Berücksichtigung eines neuen Bahnhalts am Vogtsbauernhof, nachgedacht werden.